„Ich bin halt einfach so!“, ruft Paul und stürmt wütend aus der Wohnung. Sarah hat Tränen in den Augen. Was war das denn jetzt wieder? Seit die ersten stürmischen Monate der Verliebtheit vorübergezogen sind, hat sich etwas in der Beziehungsdynamik der beiden geändert. Und auf einmal macht Paul, sobald die beiden mehr Zeit miteinander verbringen, einen Rückzieher. Dann fällt ihm plötzlich „ein Termin“ ein und er verschwindet. Doch wenn Sarah ihn darauf anspricht, kommt es zum Streit. Dabei lieben sich die beiden – das wissen sie.
Was die beiden nicht wissen: Ihre Bindungsstile prallen aufeinander. Während Sarah einen sicheren Bindungsstil hat, hat Paul einen ambivalenten Bindungsstil – er sehnt sich nach Nähe und hat gleichzeitig Angst davor. Doch der Reihe nach.
Was sind Bindungsstile?
Bindungsstile beschreiben die Art und Weise, wie wir unsere (Liebes-)Beziehungen pflegen und kommen aus der Bindungstheorie. Die Bindungstheorie wiederum widmet sich unseren zwischenmenschlichen Beziehungen. Dabei geht es vor allem darum, was wir fühlen und wie wir mit unseren Gefühlen umgehen.
Warum ist das wichtig?
Bindung – das ist der aktuelle Forschungsstand – gehört zu unseren primären Überlebensstrategien. Schon unsere Vorfahren haben sich zu Paaren und auch zu Gruppen zusammengefunden. Durch die Bindung haben sie sich nicht nur gegenseitig geschützt sondern auch für die wichtigste Voraussetzung für das Fortbestehen der Gattung Mensch gesorgt: Sex. Und wenn die Möglichkeit dafür nicht gegeben war, konnte das lebensbedrohlich werden.
So spielt in der Bindungstheorie auch der Umgang mit Angst eine wichtige Rolle. Es geht dabei nicht nur um die „kleinen“, alltäglichen Ängste, sondern auch um die ganz großen Gefühle wie etwa Hilflosigkeit, Verletzlichkeit und Isolation. Man denke nur an unsere Vorfahren: Alleine in einer Höhle? Lieber nicht. Da muss eine sichere Bindung her.
Was ist eine sichere Bindung?
Menschen, die sich sicher binden, haben wenig Schwierigkeiten damit, Nähe zuzulassen und gehen selbstbewusst mit ihrem eigenen Bedürfnis nach Nähe um. Sie nehmen ihr Bedürfnis nach Nähe wahr und handeln danach – indem sie Kontakte knüpfen oder das Bedürfnis nach Nähe ihrer/m Partner:in mitteilen.
Wer einen sicheren Bindungsstil hat, fühlt eine innere Sicherheit und hat dadurch wiederum mehr Kapazität, um sich mit anderen zu binden und sich um sie zu sorgen. Das hat Auswirkungen auf alle Aspekte des Lebens. Eine erhöhte innere Sicherheit gibt die Fähigkeit, intimer zu sein und eine höhere sexuelle Erregung. Außerdem kann ein sicherer Bindungsstil nachweislich den Stresslevel lindern. Das Wissen darüber, dass man „jemanden hat“ beruhigt und gibt Sicherheit.
Die Vorteile eines sicheren Bindungsstils im Überblick:
- Mehr Resilienz in Bezug auf Stress
- Optimismus
- Erhöhtes Selbstwertgefühl
- Mehr Zufriedenheit und Neugier
- Toleranz für menschliche Unterschiede
- Zugehörigkeitsgefühl
- Fähigkeit, auch schwierige Emotionen zu mastern
Welche Bindungsstile gibt es noch?
Bindungsversuche können auch schief gehen – so etwa wie bei Paul und Sarah. Kommt es hier wiederholt zu Fehlschlägen, kann auch ein sicherer Bindungsstil „kippen“. Dann kann es passieren, dass wir einen anderen Bindungsstil annehmen. Folgende Bindungsstile gibt es noch außer dem sicheren Bindungsstil:
- Ängstlicher Bindungsstil
- Vermeidender Bindungsstil
- Ambivalenter Bindungsstil
Das Gute daran ist: Die Bindungsstile sind keinesfalls festgeschrieben. Wer denkt, dass der Bindungsstil etwa eine Charaktereigenschaft ist, die nicht mehr weg geht, irrt sich. Paul ist also gar nicht „so“. Er ist nur gerade so. Wenn er das erst einmal herausfindet, kann er sich daran machen, ihn zu ändern – er wird überrascht sein, zu was er alles fähig ist.
Und um was geht es jetzt in der Liebe?
Ach ja: Nach aktuellem Wissenstand liefert die Bindungstheorie das derzeit kohärenteste wissenschaftliche Modell von Liebesbeziehungen. Daher liefert sie auch die Antwort auf die Frage, worum es in Paarbeziehungen grundsätzlich geht: um emotionale Sicherheit durch Verbundenheit.
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